Bau & Haus
Nach der Hochkonjunktur im Vorjahr dürfte der Umsatz im Bauhauptgewerbe 2020 um 7% auf 19 Mrd. CHF sinken. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen schlägt sich das Baugewerbe damit wacker.
Von: Martin Maniera

Herausforderungen gemeistert

Seit März 2020 wütet die Pandemie in der Schweiz und der Bundesrat schickte das Land für mehrere Wochen in einen Lockdown. Lähmend wirkt sich Corona aus, weil es ein unbekanntes Virus ist. Es fehlen Erfahrungswerte und Heilmittel und Impfstoffe werden nach und nach zugelassen. Ein solch hoher Grad an Unsicherheit belastet die Schweizer Wirtschaft. Die Baubranche hingegen hat sich als krisenresistent und als wichtige Stütze der Konjunktur bewiesen.

Als die Pandemie ausbrach, wurden in vereinzelten Kantonen Baustellen vorübergehend generell geschlossen. Teilweise wurden die Schliessungen aber rasch wieder aufgehoben. Dies war möglich dank dem raschen und starken Engagement aller Beteiligten, die in kürzester Zeit wirkungsvolle, auf die Bedürfnisse der jeweiligen Baustelle angepasste Schutzkonzepte auf die Beine stellten. Die Baustellen können seither sicher, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, weiter betrieben werden. Die Baufirmen haben gelernt, mit der neuen Situation umzugehen. Auf den Baustellen wurden neue Regeln für die Arbeit im Team definiert, der physische Abstand erhöht, ein Schichtbetrieb eingeführt, mehr Pausenbaracken aufgestellt und zusätzliche Hygienemassnahmen ergriffen. Mit den Schutzmassnahmen haben die Bauunternehmen die Herausforderungen in den Griff bekommen und konnten Bauherren und Investoren Sicherheit vermitteln.

Einschnitte beim Umsatz

Diese Massnahmen führen zu gewissen Umsatzeinbussen im Bauhauptgewerbe. Zwischen Januar und September 2020 hat das Bauhauptgewerbe insbesondere wegen der Corona-Pandemie 1,2 Mrd. CHF weniger Umsatz erwirtschaftet als in derselben Vorjahresperiode. Gemäss dem Bauindex der Credit Suisse und des SBV dürfte der Umsatz im Gesamtjahr 2020 um 7% gegenüber dem Vorjahr auf 19,2 Mrd. CHF sinken. Indes gibt es erste Anzeichen für einen leichten Aufschwung am Markt. Seit Herbst letzten Jahres hatte sich eine Korrektur nach unten für die Sparte Wohnungsbau abgezeichnet. Corona war letztlich der Auslöser dafür, dass im Wohnungsbau sowohl Umsatz als auch Auftragseingang im Frühling zurückgingen. Damit dürfte aber nun ein Boden gebildet worden sein und eine leichte Zunahme ist wahrscheinlich. Die Sparte Wohnungsbau hat ihren Umsatz vom 2. ins 3. Quartal 2020 leicht von 1,3 auf 1,4 Mrd. CHF erhöht, und auch im Abschlussquartal dürfe der Umsatz wieder etwas steigen.

Schnellere Bewilligung von Gesuchen

Zudem mussten sich die Behörden anpassen, ihre gewohnten Prozesse überdenken. In vielen Kantonen und Gemeinden stockte deswegen die Bearbeitung von privaten Baugesuchen. Der Schweizerische Baumeisterverband und Infra Suisse entwickelten daher einen Fünf-Punkte-Plan, der unter anderem die Behörden dazu aufrief, die Abwicklung von Baugesuchen wieder zu beschleunigen. Dies hat dazu beigetragen, dass sich die privaten Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe nach einem Rückgang im Frühjahr wieder einigermassen gefangen haben. Seit Januar bis September 2020 sind sie mit -1,6% nur noch leicht rückläufig gegenüber der Vorjahresperiode.

Dazu hat ebenfalls eine Aufbesserung der Stimmung in der Sparte Wirtschaftsbau beigetragen. Als das Coronavirus im Frühjahr ausbrach, schürte es eine ungewisse Zukunft. Die Wirtschaftsperspektiven waren unsicher, und die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Dementsprechend sind die Aufträge in der Sparte Wirtschaftsbau, die Bauprojekte mit gewerblichem bzw. kommerziellem Zweck umfasst, zunächst stark zurückgegangen. Bauprojekte wurden gestoppt, verschoben oder gar sistiert. Im 1. Halbjahr 2020 gingen die Aufträge dementsprechend um 10% gegenüber dem 1. Semester 2019 zurück. Im 3. Quartal 2020 hingegen stieg die Zuversicht, die zuvor pausierten Projekte wurden nachgeholt, sodass der Auftragseingang in der Sparte Wirtschaftsbau um 12% gegenüber dem Vorjahresquartal zunahm.

Ausblick auf das Jahr 2021

Selbst mit den verschiedenen, verfügbaren Impfstoffen wird es eine gewisse Zeit dauern, bis die Bevölkerung eine Immunität gegen das Virus entwickelt haben wird. Bis dahin werden die produktivitätshemmenden Sicherheitsmassnahmen bestehen bleiben. 2021 dürfte das Bauhauptgewerbe zwar mehr Umsatz als im Vorjahr erwirtschaften, aber weniger als im 2019.

Für das laufende Jahr stimmt positiv, dass sich das Volumen der Baugesuche wieder normalisiert hat. Die Nettozuwanderung in die Schweiz ist sogar in diesem Pandemiejahr stabil geblieben, sodass sie auch künftig den Bedarf für Wohnraum ankurbeln wird. Die anhaltend tiefen Zinsen dürften weiterhin die Bereitschaft von Investoren stützen, Mehrfamilienhäuser für Renditezwecke bauen zu lassen. Der Trend zu mehr Homeoffice schliesslich fördert das Interesse an grösseren Wohnungen und führt zu mehr Nachfrage auch in Gegenden fernab von Stadtzentren und Agglomerationen, die derzeit durch einen überhöhten Leerstand gekennzeichnet sind. Daher dürfte der Umsatz im Wohnungsbau 2021 höher liegen. Eine solch intensive Bauaktivität wie in der Hochphase von 2016 bis 2019, als der Wohnungsbau jährlich rund 6 Mrd. CHF erwirtschaftete, dürfte aber nicht erreicht werden.