Bau & Haus
Geht ein Handwerksbetrieb noch während der Bauarbeiten in Konkurs, bedeutet dies einen jähen Baustopp und meist auch Mehrkosten. Aufgrund der Corona-Pandemie ist das Konkursrisiko wohl gestiegen. Wie geht man als Bauherr damit um? Der Bauherrenberater kann wertvolle Hilfe leisten.
Von: Reto Westermann

Mehr Konkurse seit Februar

Küchensanierung in einem Mehrfamilienhaus: Die alten Küchen sind bereits herausgerissen. Dann die schlechte Nachricht: Der Küchenbauer ist Konkurs gegangen. Für die Verwaltung und den Immobilienbesitzer bedeutet dies: Baustopp, bereits geleistete Vorauszahlungen sind verloren und Mehrkosten – allein schon durch die Bauverzögerung. Konkurse hat es immer schon gegeben, durch die Corona-Krise hat sich das Risiko aber verschärft. Der Schweizerische Baumeisterverband rechnet für 2020 mit 7% weniger Umsatz als im Vorjahr – der tiefste Stand seit 2015. «Ich könnte mir vorstellen, dass es aufgrund der Krise ab zirka Februar 2021 zu einer Konkurswelle bei Handwerksbetrieben kommt», sagt Christopher Tillman, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht bei der Legis Rechtsanwälte AG in Zürich.

Als Bauherr, Bauherrenvertreter oder Verwaltung gilt es also, sich mit entsprechenden Problemen noch intensiver bereits im Vorfeld auseinanderzusetzen, um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen oder zumindest im Notfall richtig reagieren zu können. Bevor ein Bauauftrag erteilt wird, lautet die erste Frage wohl: Gibt es die Möglichkeit, einen drohenden Konkurs eines Handwerksbetriebes ­vorauszusehen? «Nicht wirklich», die Antwort von Christopher Tillman, der neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt auch Vorstandsmitglied bei der Kammer Unabhängiger Bauherrenberater (KUB) ist. Ein Blick ins Handelsregister oder SHAB nütze wenig, denn dort seien ja nur bereits erfolgte Konkurse ersichtlich. Etwas mehr Licht ins Dunkel bringt laut Tillman die Anforderung eines Betreibungsregisterauszugs. Dabei müsse man sich aber Folgendes bewusst sein: Es ist nicht gesagt, dass die Betreibungen gerechtfertigt sind, es heisst nicht, dass die Betreibungen nicht bezahlt werden können, es ist nur eine Momentaufnahme und existieren noch Filialen des Betriebes andernorts, werden diese im Auszug nicht berücksichtigt. «Aber klar, ein Betreibungsauszug kann einen Eindruck zur Seriosität eines Betriebs vermitteln», sagt Tillman.

Sich richtig verhalten

Vor einer Auftragserteilung sollten ausserdem Referenzen von früheren Kunden eingeholt werden. «Nicht zu unterschätzen ist auch das Hörensagen, der sogenannte Latrinenweg», sagt Rechtsanwalt Tillman. Wer hat in der Branche, im Dorf, im Verein etwas «Verdächtiges» über das Unternehmen gehört? Ist der Auftrag einmal erteilt, und der Bau im Gange, lohnt es sich, auf konkrete Anzeichen zu achten, um im Notfall proaktiv reagieren zu können: Ist der Unternehmer plötzlich kaum mehr erreichbar? Kommen Baumaterialien zu spät oder nur noch in unüblich kleinen Mengen? Verlangt der Handwerker plötzlich eine nicht vereinbarte Vorauszahlung? Erscheinen allfällige Subunternehmer des Handwerkers nicht mehr auf der Baustelle? Gerade wenn Subunternehmer im Spiel sind, muss man damit rechnen, dass diese im Konkursfall ihres Auftraggebers ein Bauhandwerkerpfandrecht auf dem Grundstück eintragen lassen, um ihre Ansprüche sicherzustellen. Zahlungspflichtig ist dann schliesslich der Grundeigentümer – selbst, wenn er die entsprechende Arbeit der konkursiten Firma bereits vergütet hat. Er zahlt dann also allenfalls doppelt. Gerade bei grösseren Aufträgen kann es sich deshalb lohnen, mit dem Handwerksbetrieb vertraglich zu vereinbaren, dass 10% des Honorars auf ein Sperrkonto einbezahlt oder zurückbehalten werden – bis klar ist, dass keine Pfandrechte angemeldet wurden. Das weiss man spätestens fünf Monate nach Abschluss der Bauarbeiten. Nicht vergessen sollte man aber auch präventive Massnahmen, um finanziellen Folgen vorzubeugen. Dazu gehören:

  • Die Vereinbarung der SIA-Norm 118 beim Abschluss von Werkverträgen.
  • Grössere Vorauszahlungen nur leisten, wenn eine Garantie dafür besteht.
  • Laufender Abgleich von Zahlungen und Baufortschritt.

Experten beiziehen

Sieht man sich doch mit einem Konkurs konfrontiert, hat Christopher Tillman zwei Tipps: «Einerseits abwarten, andererseits vorwärts machen.» Sind noch Rechnungen des Handwerkunternehmens für abgeschlossene Arbeiten offen, sollten diese vorerst nicht bezahlt werden, sagt der Experte. Besser man warte ab, bis das Konkursamt auf einen zukommt – wenn überhaupt. Treffen später noch Rechnungen für angefangene Arbeiten ein, gelte dasselbe. Auf der anderen Seite sollte man möglichst sofort handeln: einen neuen, vertrauenswürdigeren Handwerker finden, der die Arbeit schnell zu Ende führen kann. «Jeder Baustopp kostet Geld – je länger er dauert, umso mehr», sagt Tillman.

Einfach ist es nicht, mit einer solchen Situation umzugehen: Es braucht einerseits rechtliches Wissen, weshalb es sich meist lohnt, einen entsprechenden Experten beizuziehen. Anderseits ist Bau-Knowhow und genügend Kapazität notwendig, um alles weitere abzuwickeln. Hierbei kann ein unabhängiger Bauherrenberater wertvolle Hilfe leisten und dafür sorgen, dass der Bau zügig fertiggestellt wird. Je früher die neuen Küchen benutzt werden können, desto besser für die Mieter – genauso wie für den Vermieter oder die Verwaltung.